Ich kann mein Glück zunächst gar nicht fassen, als ich das tägliche DVD-Kritik Video auf YouTube aufrufe:
Ein Film mit dem Drehbuch von Nick Cave, in dem es um drei kriminelle Brüder während der Prohibition geht. Es spielen mit: Tom Hardy, Jessica Chastain, Gary Oldman und Guy Pearce.
Wer mich kennt, der mutmaßt schon: für mich ein absolutes Traumsetting. Gleichzeitig werde ich kritisch; die wirkliche Hauptrolle wird von Shia LaBeouf gespielt, bei dem ich mir je nach Rolle eher verhaltene Begeisterung erlaube (Transformers, Mr LaBeouf-warum?). Zusätzlich lässt der Trailer durchblicken, dass es einen romantische Zusatzplot gibt-und gerade im Crime-Genre kann das schon mal schiefgehen.
Nichtsdestotrotz renne ich selbstredend sofort los und kaufe den Film. War immer noch günstiger als die Jubiläumsausgabe von Schindlers Liste...
Ein Schelm, wer böses bei diesem Titel denkt!
Da ich ja irgendwie nur Filme rezensiere, zu denen es auch eine Buchvorlage gibt, gibt es hier natürlich auch eine. Geschrieben von Matt Bondurant, seines Zeichens der Enkel des Protagonisten im Buch. Tatsächlich haben sich die Ereignisse im Film grob so zugetragen, in Franklin County gab es eine Fehde um schwarzgebrannten Schnaps und die Legende, die Bondurants, vor allem Forrest Bondurant, seien unsterblich. Der Titel bezieht sich eben wegen der Menge an Schwarzgebranntem auf Franklin County, und auch hier wird im Buch der Vergleich gezogen: wie war es damals mit dem Alkohol, was sagen die Anwohner heute?
Drei harte Hunde. Oder zumindest zwei und ein werdender.1931, Franklin County, Virginia: die drei Bondurant-Brüder Howard (Jason Clarke, links), Forrest (Tom
Hardy, rechts) und Jack (Shia LaBeouf, mitte) halten sich mit schwarzgebranntem Schnaps über Wasser. Unterstützung erhalten sie dabei von ihrem Freund Cricket Pate (Dane DeHaan) und dem Dorfsheriff selbst, der sich für ein paar Kisten Alkohol leicht schmieren lässt. Zudem führen die Brüder als Fassade eine Tankstelle. Alles sieht sehr, sehr friedlich aus.
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| Zählt auf dem Land zu den kriminellen Glanzlichtern: Floyd Banner. |
Während jedoch Howard und Forrest den Widerstand eher dezent geplant hatten, träumt Jack als
Jüngster von den ganz großen Geschäften, vom Glanz und Glamour des Gangsterdaseins. Daran ist die Tochter des lokalen Priesters, Bertha Minnix (Mia Wasikowska), wohl nicht ganz unschuldig, denn gerade in sie hat er sich mächtig verschossen (man will halt immer das, wofür man vom Vater des Mädchens umgebracht werden könnte, ne?).
Das schmeckt aber Rakes nicht wirklich gut, und so befinden sich sowohl die drei Bondurant-Brüder als auch jene, die ihnen nahe sind, mitten in der Schusslinie.
Lawless kann mit einem unglaublich starken Cast aufwarten. Mir war schon klar, dass die Story da nicht unbedingt würde mithalten können, und tatsächlich hält man sich auch hier besser, als ich vermutet hatte. Die Landschaftseinöde, in der sich die Handlung abspielt, bringt ein wenig frischen Wind ins Genre und ich hätte nie gedacht, dass eine Geschichte über Moonshiner-Schwarzbrenner-irgendeine Wirkung hat. Lassen wir aber mal außen vor, dass sich das ganze auf dem Land abspielt und es nicht um die ausgefeiltesten Gangsterbosse geht, bleibt eher wenig übrig. Uns werden Storystränge serviert, die wir allesamt schon irgendwo anders mal gesehen haben könnten. Was nicht zwangsläufig heißt, dass die Story schlecht ist, aber eine Revolution ist sie auch nicht. Das Augenmerk liegt, wie könnte es auch anders sein, auf Jack, dem Schisser unter den Brüdern. Für ihn ist diese Crime-gespickte Geschichte so etwas wie eine Coming of Age-Story, was auch wieder nicht ungewöhnlich ist, hier aber auch nicht sonderlich verrissen wird.
Zusammengefasst ist die Story okay, aber ich rate euch, nicht allzu viel Neues zu erwarten, wenn ihr so oder so schon Berge von Gangsterfilmen gesehen habt.
Regisseur John Hillcoat darf mit einer wunderschönen Kulisse arbeiten. So kommt die ein oder andere nett anzusehende Landschaftsaufnahme zustande. Auch einige Schnitte und Einstellungen wirken sehr schön gemacht und zeugen von Beobachtungsgabe und Sinn für Perspektive, allerdings schneidet Hillcoat auch in den ruhigen Szenen manchmal zu schnell. Es gab hier und da schöne Einstellungen, die ich gerne etwas länger gesehen hätte, die hier aber zu schnell der gängigen Actionschnittweise geopfert wurden. Ansonsten gibt sich die Regie sehr ordentlich und fokussiert.
Nich Cave und Warren Ellis produzieren zusammen einen ordentlichen Soundtrack. Das Main Theme, welches im Menü zu hören ist, kann man sich aus logischen Gründen leicht merken und ist, wie der Rest des Soundtracks, ganz im Country-Flair der 30-er gestaltet. Es finden sich viele durchaus nette Stücke und Gesangseinlagen, auch wenn der ganz große Wurf eines Alexandre Desplat oder Michael Nyman ausbleibt. Aber ich setze hier vielleicht mit diesen beiden Beispielen die Messlatte ein wenig übertrieben hoch.
Kenn' ich, kenn' ich... nicht so?
Auch was die Charaktere angeht, gibt sich Lawless in der Qualität durchwachsen. Der Reihe nach:
Shia LaBeouf gibt unseren Protagonisten Jack Bondurant, einen Charakter, den wir sicher schon tausendmal gesehen haben: der Kleine, der Ambitionierte, den wir dabei begleiten, wie er ein 'richtiger Mann' wird. Solche Charaktere kotzen mich in der Regel recht schnell an, hier ist es nur vermindert anders. Wie oft haben wir es schon gesehen, dass der Charakter, den wir begleiten, meint, sich Knall auf Fall ins coole Geschäft stürzen zu müssen, ohne überhaupt eine Ahnung von irgendwas zu haben? Bei Jack ist das noch viel, viel schlimmer, denn er meint, es ausgerechnet viel besser als seine zwei Brüder zu wissen. Und über die lernen wir folgendes:
1. Howard hat den ersten Weltkrieg als einziger in seinem Trupp überlebt.
2. Forrest hat die spanische Grippe überlebt, im Gegensatz zu Mommy und Daddy Bondurant.
Und während Jack also im Film quasi kontinuierlich behauptet, seine Brüder wären die Landeier und er der geborene Geschäftsmann, müssen die beiden ständig seinen Arsch retten. Ständig.
Klar, gegen Ende wird er wie fast alle Charaktere dieser Art erträglicher, aber das hilft einem eher schlecht als recht über den Film. Zumindest mit ihm als Draht zur Handlung.
Seine Romanze mit Bertha schlägt sich da nicht viel besser, mich hat sie nämlich gleich gar nicht interessiert. Denn wer ist Bertha? Genau, die Tochter eines tief religiösen Mannes. Sie würdigt Jack zu Anfang kaum eines Blickes und ist ja sooo distanziert. Aber kann es sein, dass sie in ihrem tiefsten Innern vielleicht doch eine Rebellin ist, die Gefallen an dem jüngsten Bondurant findet?
Niiiemaaals.
Die Schuld daran ist aber nicht bei Shia LaBeouf oder Mia Wasikowska zu suchen, denn bei Ersterem muss ich aus reiner Fairness zugeben, dass er eine gute Performance abliefert. Selbiges gilt für Mia Wasikowska, wenngleich sie mir immer einen recht stillen Eindruck macht (in einer energetischen Rolle habe ich sie irgendwie noch nie gesehen...) und auch in Interviews leidlich anders wirkt, sodass ich mich frage, wie weit sie schauspielert.
Alles, was Jack und Bertha hätten sein sollen, verkörpern dann doch Forrest und Maggie. Mit Forrest haben wir nämlich einen Charakter, der sowohl interessant als auch cool ist und so was von perfekt in einen Landgangsterfilm passt. Für die einen ist er ein Hinterweltler, der zu viel Glauben in seine angebliche Unsterblichkeit steckt, für die anderen tatsächlich so etwas wie ein Heiland des illegalen Handels. Fest steht, dass er sowohl einen Schlagring an seiner Hand als auch wenige Worte im Mund hat. Ein nahezu verschüchtertes, dennoch gentlemanhaftes Verhalten gegenüber Frauen (ja, insbesondere Maggie) gibt diesem Charakter den nötigen Feinschliff. Aber warum funktioniert das zwischen ihm und Maggie gerade so gut? Einfache Antwort: sie sind komplett gegensätzlich.
Maggie kommt aus der Stadt, war bis vor kurzem Tänzerin und geht sehr offen auf Menschen zu. In gewissen Momenten haftet ihr aber die selbe Ernsthaftigkeit wie Forrest an. Hinzukommend ist sie den ganzen Film über enorm well-dressed, natürlich viel zu farbenfroh für's Land, aber immer noch well-dressed. Mit Ausnahme von diesem Nicki-Stoffkleid auf dem Cover, das sieht furchtbar aus.
Was soll ich noch zu Tom Hardy und Jessica Chastain sagen? Ich würde mich wiederholen wie eine kaputte Schallplatte (mal wieder).
Beide sind großartig, weiter geht's.
Ein eindeutiges Opfer von der Schauspieler ist weniger bekannt als die anderen, für den werben wir weniger ist Jason Clarke. Howard Bondurant ist einer der Hauptcharaktere und Jason Clarke spielt mindestens mit Shia LaBeouf auf Augenhöhe. Wo ist sein Name auf dem Filmplakat? C'est vrai, ganz weit unten. Das zeigt sich leider auch irgendwie im Film, sein Charakter scheint weniger ausgefeilt, mehr Haudrauf als echte Persönlichkeit, wie es bei Forrest der Fall ist.So kann ich nicht viel mehr sagen, als dass Howard nicht so nervig wie Jack, aber auch nicht so ausgearbeitet wie Forrest ist. Finde ich ehrlich gesagt ziemlich traurig, denn bei Howard gibt es hin und wieder sehr gute Ansätze in der Persönlichkeit, die aber nie wirklich weiter verfolgt werden. Hoffentlich bekommt Jason Clarke nach Zero Dark Thirty jede Menge gute Rollenangebote, damit wir das nächste Mal ein bisschen mehr von ihm sehen.
Man kann die Bondurant-Brüder unter dem 'Ehrenbruder' Cricket Pate abschließen, der genau wie Jack ein glühender Floyd Banner-Fanboy ist und den Bondurants bei so ziemlich allem mit Rat und Tat zur Seite steht. Wenn's im Film richtig zur Sache geht, ist Cricket zwar selten mit von der Partie, aber an sich kann man über den Charakter nichts schlechtes sagen. Irgendwie mag man ihn halt.Allen Marvel-Fans würde ich raten, mir Dane DeHaan vorzumerken; der wird nämlich nächstes Jahr Harry Osborn in The Amazing Spiderman 2 verkörpern, und da sein Auftritt hier schon mal neugierig gemacht hat, kann man gespannt sein, wie er sich in dieser ehemals von James Franco eingenommenen Rolle schlägt.
Und wo er so schön daneben steht, werfen wir doch einen Blick auf Guy Pearce. Seht ihr, wie angetan Cricket von der Anwesenheit des Special Deputy Charlie Rakes ist? Ist aber auch ein Netter!
Man sieht es auf den ersten Blick, eher nicht. Oder, um präziser zu sein: dieser Charakter ist mit Sicherheit einer der widerlichsten Filmbösewichte des letzten Jahres. Ich habe ihn jede einzelne Sekunde gehasst, und das nicht, weil er ein schlecht geschriebener Charakter ist. Diese Figur liebt es, Unrechtes zu tun und dabei einen auf gerecht zu machen. Die Jagd nach Verbrechern macht ihm einen Heidenpaß, weil sie sein Ego bemäntelt. Seine verbalen und nonverbalen Duelle mit Forrest gehören zu den Sternstunden des Films, weil auf beiden Seiten der blanke Hass klar erkennbar ist. Schon von der ersten Sekunde an ist klar, dass er kein Freund der Bondurants wird, im Gegenteil-er versucht alles nur erdenkliche, um die ganze Bande zu Fall zu bringen. Egal, wie viele Leichen am Ende seinen Weg säumen.
Guy Pearce liefert hier ein sehr schönes Kontrastprogramm zu seinen Auftritten in Memento oder LA Confidential, denn wie zwiespältig seine Charaktere auch gewesen sein mögen, nur hier gibt er dieses Ekelpaket ohnegleichen.
An alle Gary Oldman-Fans muss ich appellieren: kauft Lawless nicht, weil er mitspielt. Natürlich spielt er wie immer fantastisch, aber seine Rolle ist sehr klein angelegt. Zwar wird mit ihm ordentlich für den Film geworben, aber von den 115 Minuten ist er vielleicht in 15 zu sehen. Mag vielleicht etwas für Hardcore-Oldman-Sammler sein, die jeden Film mit dem Mann haben müssen, aber man sollte sich klar gemacht haben, dass andere Darsteller den Film tragen.
Kostenpunkt/Bonusmaterial auf der DVD
Auf Amazon bekommt ihr Lawless derzeit neu ab 7, 95 Euro und gebraucht ab 3 Euro. Meine DVD ist zusätzlich in so einer widerlichen Aussenhülle aus Pappe verstaut, die a) vollkommen sinnlos ist, da sie exakt das gleiche Motiv wie die eigentliche DVD darstellt und b) jedes Mal nervig beim entpacken ist. mal abgesehen davon, dass sie jetzt schon an den Kanten frisselig wird und ich sowas hasse.Wenn ihr solche 'Zusatzauschmückung' genauso wenig leiden könnt wie ich, solltet ihr sie vielleicht sicherheitshalber im Laden kaufen.
An Bonusmaterial wurde auch nicht gespart: wir bekommen neben Audiokommentaren von John Hillcoat und Matt Bondurant den Originaltrailer, kleine Infofilmchen zu dem heutigen Franklin County und der wahren Begebenheit, auf der der Film basiert, sowie ein paar entfallene Szenen.
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| Ich weiß, extrem Nonsens-aber ich musste doch so lachen! |
Lawless ist eindeutig einer der guten Vertreter der Marke Crime aus den 2010-ern. Die Actionszenen wirken realistisch und gut gefilmt, die Optik ist manchmal sehr gut und das Setting wirkt stellenweise frisch und originell. Natürlich ist nach wie vor der Cast die größte Stärke, wobei man hier Tom Hardy, Jessica Chastain und Guy Pearce hervorheben muss.
Leider finden sich große Schwächen bei einigen Charakteren. Die Story ist nicht ganz so brandneu, wie sie präsentiert wird und vieles kommt einem doch bekannt vor.
Insgesamt empfehle ich Lawless bedingungslos an Action-, Crime- und Gangsterfilmfans weiter, doch vorsichtig sollten die Empfindlicheren unter uns sein: manche Szenen haben es durchaus in sich und sind schwer anzusehen.
Wobei... sensible Fans dieses Genres sind ja doch mehr Ausnahme als Regel.
Lawless erhält 6,8 von 10 Owlpoints.



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